Cannstatter Stolperstein-Initiative

Anna Brischar: "Verlegt" nach Hadamar

Wer waren die Menschen, die der NS-„Euthanasie“ zum Opfer gefallen sind? Man möchte wenigstens ein Stückchen ihrer Biografie kennen, aber von Anna Brischar wissen wir nur, dass sie schwer krank war, deshalb Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern in psychiatrischen Kliniken anvertraut. Von dort, wo man sie behütet glaubte, ging ein Fragebogen nach Berlin, wo einer, der sie nie gesehen hat, über ihr Schicksal entschied. Ihre Krankenakte erhielt den Vermerk „verlegt“, dann wurde sie in einem der berüchtigten Gekrat-Busse abgeholt, nach Grafeneck verbracht und gleich nach ihrer Ankunft im Gas erstickt. Die Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft gmbH, kurz Gekrat, unterstand der für die Krankenmorde zuständigen Zentraldienststelle T4.

10 654 Gasmorde im Jahr 1940, so lautet die Bilanz von Grafeneck. Ausrotten und dem Vergessen anheim geben, hieß das Ziel der NS-Täter. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, steht im Grundgesetz. Anna Brischar ist dieser Würde beraubt und qualvoll ermordet worden. Daran soll ihr Stolperstein erinnern, aber auch an die Neigung des Menschen zur Hybris.

Ruhrstraße 93, Stolperstein verlegt am 25. November 2014.

© Text: Rainer Redies, Cannstatter Stolperstein-Initiative
© Bild: Petra Siebholz, Cannstatter Stolperstein-Initiative

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